Arbeitsschutz Geschichte in Deutschland: Damals bis heute.

Geschichte arbeitsschutz

Die Epochen im Überblick

  • Vorindustrielle Impulse (bis ca. 1830): Zunftordnungen, erste Fabrikinspektionen und moralische Debatten über Kinder- und Nachtarbeit legen den Boden für staatliche Regulierung.

  • 1839 – Preußisches Regulativ: Der Startpunkt moderner Vorschriften: Beschränkung der Kinder-/Jugendarbeit, Schulpflicht, erste Arbeitszeitregeln.

  • 1872 – Dampfkessel-Überwachung: Systematische Prüfungen dampfbetriebener Anlagen; Keimzelle der späteren TÜV-Strukturen  Technischer Überwachungsverein) und technische Sicherheitskultur.

  • 1883/1884 – Sozial- und Unfallversicherung: Institutionalisierung der Prävention und Kompensation; Entstehung der Berufsgenossenschaften (BG) als Träger der Unfallversicherung.

  • 1891 – Arbeiterschutzgesetz: Konsolidierung zentraler Schutzvorschriften (z. B. Aufsicht, Arbeitszeit, Sonntagsruhe) – der Staat etabliert verbindliche Mindeststandards.

  • 1918/1919 – 8-Stunden-Tag und Neuordnung: Arbeitszeitbegrenzung und Ausbau der Aufsichtsstrukturen; Arbeitsschutz wird als gesellschaftlicher Kompromiss verankert.

  • 1945–1970 – Technische Normierung & Aufbau: Nachkriegszeit, DIN/VDE-getriebene Standards, Prüfpflichten, Qualifizierungen; Sicherheit wird planbar und messbar.

  • 1973 – Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG): Professionalisierung durch Rollen: Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt, Zusammenarbeit im System Betrieb.

  • 1974 – Arbeitsstättenverordnung: Anforderungen an Gestaltung, Fluchtwege, Sanitärräume, Raumklima u. a.; der Blick weitet sich über Maschinen hinaus auf die gesamte Arbeitsumgebung.

  • 1989 – EU-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG: Paradigmenwechsel: Vom Vorschriftenkatalog zum präventionsorientierten Managementansatz mit klaren Arbeitgeberpflichten.

  • 1996 – Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG): Nationale Verankerung des Systems: Gefährdungsbeurteilung, TOP-Prinzip, Organisation und Wirksamkeitskontrolle werden Leitplanken.

  • 2008 – GDA (Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie): Bund, Länder und Unfallversicherungsträger bündeln Ziele; Fokus auf Wirksamkeit und Präventionskultur.

  • Seit 2013 – Psychische Belastungen explizit in der Gefährdungsbeurteilung (GBU): Ganzheitlicher Gesundheitsschutz rückt in den Mittelpunkt – Organisation, Führung, Kommunikation.

  • 2020–heute – Mobile Arbeit & Resilienz: Pandemie als Beschleuniger: Homeoffice/Hybrid, Hygiene-/Notfallkonzepte, digitale Unterweisung – und die Frage nach nachhaltiger Umsetzung.

  • Ausblick – KI, ESG & Lieferketten: Mensch-Technik-Interaktion, Datenbasierung und Berichterstattung (ESG) verbinden Rechtssicherheit mit Wettbewerbsfähigkeit.

Arbeitsschutz ist keine Sammlung bürokratischer Vorschriften, sondern das Ergebnis von Lernkurven aus Arbeitsunfällen, technischen Durchbrüchen und gesellschaftlichen Debatten. Wer die Arbeitsschutz Geschichte kennt, versteht, warum die heutige Pflichten so formuliert sind – und wo der größte Nutzen liegt. Aus den Anstrengungen und Überlegungen unserer Vorfahren entstanden Kernprinzipien wie die Gefährdungsbeurteilung, das TOP-Prinzip (technisch–organisatorisch–personenbezogen), die klare Rollenverteilung (ASiG) und der Managementansatz des ArbSchG im Gefolge der EU-Rahmenrichtlinie. Versetzen wir uns einmal in einen Arbeitnehmer aus dem 19 Jahrhundert oder in einen Unternehmer der Gegenwart kann uns diese Perspektive helfen, Compliance nicht als Last, sondern als System zu begreifen, das Risiken senkt und Wert schafft. Egal aus welcher Perspektive Sie heute diesen Fachbeitrag lesen – Arbeitsschutz betrifft uns alle und bietet neben Vorteilen auch Verpflichtungen, die Sie kennen sollteb.

Begriffe sauber trennen

 

Definition Arbeitsschutz 

Arbeitsschutz ist der übergeordnete Rahmen aller Maßnahmen, die Leben und Gesundheit bei der Arbeit sichern – von der Gesetzeslage (z. B. ArbSchG, ArbStättV, BetrSichV, GefStoffV) bis zu betrieblichen Prozessen. Ziel ist ein systematisches Vorgehen, das Gefährdungen erkennt, bewertet und wirksam beherrscht.

 

Definition Arbeitssicherheit

Arbeitssicherheit ist der „harte“ Kern des Arbeitsschutzes: die Verhütung von Arbeitsunfällen und akuten Gesundheitsgefahren. Typische Handlungsfelder sind Maschinensicherheit, sichere Arbeitsmittel und Verkehrswege, Prüfungen, Unterweisungen und Notfallorganisation.

 

Definition Gesundheitsschutz

Gesundheitsschutz erweitert den Fokus über das Unfallszenario hinaus: ergonomische Arbeitsgestaltung, Arbeitszeit- und Pausenkonzepte, Lärm/Vibration, Gefahrstoffe sowie psychische Belastungen (z. B. Arbeitsmenge, Organisation, soziale Faktoren). Ziel ist die langfristige Erhaltung von Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden.

 

Frühe Phase bis 1918: Industrialisierung und erste Regeln

Mit der Industrialisierung steigt die Produktivität und damit leider auch die Risiken: neue Maschinen, dichte Fabrikarbeit, lange Arbeitszeiten, fehlende Schutzeinrichtungen. Arbeitsunfälle und Gesundheitsschäden nehmen sichtbar zu; Politik und Gesellschaft reagieren Schritt für Schritt mit ersten verbindlichen Regeln für mehr Arbeitsschutz – der Startpunkt einer systematischen Arbeitssicherheit wurde gelegt.

1839 – Preußisches Regulativ

Die Industrialisierung schreitet voran und das „Preußische Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter“ markiert den dringend benötigten Wendepunkt: Begrenzung der Kinder- und Jugendarbeit, Anforderungen an Arbeitszeiten, Sonn-/Nachtarbeitsverbote sowie schulische Verpflichtungen. Erstmals wird klar: Wirtschaftliches Interesse hat hinter dem Schutz junger Beschäftigter zurückzustehen – ein Prinzip, das bis heute trägt.

Ab 1872 – Technische Aufsicht und der Ursprung des TÜV

Mit der Überwachung von Dampfkesseln (diese sind damals gerne einmal explodiert und rissen Mitarbeiter teilweise auf grausame Weise in den Tod) entstehen unabhängige Prüfstrukturen. Ziel ist die Vermeidung der katastrophalen Explosionen durch regelmäßige Kontrollen, eine entsprechende Dokumentation und Sachkunde der Prüfer. Diese Keimzelle entwickelt sich zu einer breiten technischen Sicherheitstradition: standardisierte Prüfungen, qualifizierte Gutachter, nachvollziehbare Nachweise. Nicht umsonst ist der Technische Überwachungsverein (kurz TÜV) heute jedem deutschen ein Begriff.

1883/1884 – Sozialgesetzgebung und Berufsgenossenschaften

Auch die Berufsgenossenschaft ist heute jedem Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein Begriff. Doch das war nicht immer so. Die Einführung der Kranken- und Unfallversicherung im Jahr 1883/1884 verankert Prävention institutionell. Was viele nicht wissen – Berufsgenossenschaften übernehmen Doppelrollen: Sie entschädigen nicht nur, sondern verhindern auch Unfälle durch Regeln, Branchenerfahrung und  Aufsicht (Betriebsbegehung durch die BG). Damit wird aus punktuellen Maßnahmen ein lernendes System mit Statistik, Beratung und Durchsetzungskraft.

1891 – Arbeiterschutzgesetz

Das Reichs-Arbeiterschutzgesetz bündelt zentrale Vorgaben (u. a. Arbeitszeitgrenzen, Aufsicht, Frauen- und Jugendschutz) und macht Kontrolle zur staatlichen Aufgabe. Arbeitsschutz wird verbindlicher Bestandteil moderner Industriepolitik – mit messbaren Mindeststandards statt bloßer Appelle. Im Arbeitsschutzgesetz kennen wir uns bestens aus. Es bildet heute die Grundlage der sicherheitstechnischen Betreuung und sollte jeder Sifa geläufig sein.

Vor 1918 – Konsolidierung unter Belastung

Kriegswirtschaft und Materialknappheit verschärfen Risiken, zugleich reifen Forderungen nach planbaren Arbeitszeiten und verlässlicher Aufsicht. An der Schwelle zur Weimarer Republik steht der 8-Stunden-Tag sinnbildlich für den nächsten Entwicklungssprung 

Praxis-Transfer: Was aus dieser Epoche bis heute wirkt

 

  • Prüfpflichten & Nachweise: Von der Dampfkesselaufsicht zur heutigen BetrSichV-Logik: Gefährdungen an Arbeitsmitteln werden systematisch beurteilt, fristgerecht geprüft und dokumentiert.

  • Institutionen & Beratung: Die Idee der Berufsgenossenschaften als Präventions- und Aufsichtspartner lebt in Regelwerken, Branchenwissen und Unterstützung für Betriebe fort.

  • Schutzvorrang & Mindeststandards: Der Vorrang des Gesundheitsschutzes prägt heutige ArbSchG-Grundsätze (Gefährdungsbeurteilung, Wirksamkeitskontrolle).

  • Lernen aus Ereignissen: Statistik, Ursachenanalyse und iterative Verbesserung – der Kern moderner Präventionskultur.

Merksatz: Aus einzelnen Notmaßnahmen entstand ein System – mit Verantwortlichkeiten, Prüfungen und Nachweisen. Genau diese DNA macht Arbeitsschutz heute rechtssicher und wirtschaftlich.

 

1918–1945: Neuordnung & Normierung

Nach dem Ersten Weltkrieg wird Arbeitsschutz in Deutschland neu geordnet. Zentrales Signal ist der 8-Stunden-Tag (1918/1919), flankiert von kollektiven Vereinbarungen und staatlicher Aufsicht. Damit entsteht ein belastbares Zeitgerüst, das Überlastung begrenzt und planbare Arbeitsorganisation ermöglicht. Parallel professionalisieren die Berufsgenossenschaften ihre Präventionsarbeit: Branchenregeln, Unfallstatistik und Beratung gewinnen an Bedeutung – Arbeitssicherheit wird zunehmend mess- und steuerbar.

Treiber der folgenden Jahre ist die Normierung. Die bereits 1917 gegründete DIN (Deutsches Institut für Normung) weitet ihr Spektrum aus; technische Standards prägen Konstruktion, Prüfverfahren, Kennzeichnungen und Schutzeinrichtungen. Für Betriebe bedeutet das: weniger Einzelentscheidungen, mehr verlässliche „Stand-der-Technik“-Leitplanken zum nchlesen. In vielen Unternehmen etablieren sich damit frühe Formen eines systematischen Arbeitsschutzmanagements – mit Verantwortlichkeiten, Betriebsanweisungen und regelmäßigen Kontrollen, auch wenn das Rollenmodell (Sifa/Betriebsarzt) erst 1973 rechtlich fixiert wird.

Die 1930er-Jahre bringen eine starke Zentralisierung der Arbeitsbeziehungen. Gewerkschaften werden aufgelöst, Institutionen umgebaut. Unfallverhütung bleibt ein Thema – unter betriebswirtschaftlichem Fokus auf Produktivität und Verfügbarkeit –, jedoch in einem politisch autoritären Rahmen. Der Zweite Weltkrieg verschärft die Risiken in Produktion und Logistik, zugleich fehlen Material und Personal; viele Schutzprinzipien werden pragmatisch, jedoch nicht immer konsequent, umgesetzt. Eine erneut schwere Zeit für den Arbeitsschutz.

Praxis-Transfer: Was bis heute trägt

 

  • Arbeitszeit als Schutzfaktor: Planung, Pausen, Schichtsysteme – Grundlagen moderner Belastungssteuerung.

  • Normen & „Stand der Technik“: Gestaltungsregeln, Prüfungen, Kennzeichnung – Basis heutiger Konformität (z. B. CE, DIN/EN).

  • Datengetriebene Prävention: Statistik, Ursachenanalyse, Maßnahmenwirksamkeit – der Grundstein für kontinuierliche Verbesserung nach dem PDCA-Gedanken.

 

1945–1970: Technische Sicherheit wird System

Wiederaufbau und das „Wirtschaftswunder“ beschleunigen erneut die Produktion – und damit auch das Risiko für Arbeitnehmer einen Arbeitsunfall zu erleiden. In dieser schnelllebigen Phase entsteht aus vielen Einzelvorgaben ein integriertes System technischer Sicherheit. Treiber sind drei Kräfte: Berufsgenossenschaften mit verbindlichen Unfallverhütungsvorschriften (UVV), die TÜV-Prüfpraxis für überwachungsbedürftige Anlagen sowie die rasch wachsende Normung (DIN/VDE). Sicherheit wird planbar: Regeln definieren Mindeststandards, Prüfintervalle und Nachweise.

 

UVV & Branchenregeln

Die Berufsgenossenschaften konsolidieren spezifische Anforderungen – etwa für Kran-, Hub-, Druckbehälter-, Holz-, Metall- und Bauarbeiten. Kerngedanke: Gefährdungen technisch beherrschen, organisatorisch absichern, personenbezogen ergänzen. Das Prinzip der wiederkehrenden Prüfungen setzt sich flächendeckend durch.

 

Prüfpflichten & Sachverständige

Druckbehälter, Aufzugs- und Dampfanlagen, Krane, elektrische Anlagen: Unabhängige Prüfungen durch TÜV/Sachkundige werden zum Regelfall. Prüfbücher, Mängelbeseitigung mit Fristen und Inbetriebnahmefreigaben schaffen eine nachvollziehbare Dokumentkette – Vorläufer heutiger Compliance-Audits.

 

Normen & Stand der Technik

DIN- und VDE-Normen prägen Konstruktion, Schutzvorrichtungen, Erdung, Abschaltungen, Kennzeichnungen. Einheitliche Symbole und Betriebsanweisungen erleichtern Unterweisung und Kontrolle. Die Idee eines lebenden Standards wird gelernt: Wenn sich Technik ändert, muss der Schutz mitwachsen.

 

Organisation & Qualifikation

 Sicherheitsbeauftragte, Werksärztlicher Dienst, Werksfeuerwehr und Ersthelferstrukturen gewinnen an Kontur. Unterweisungen, Rettungsübungen und Begehungen werden regelmäßige Routinen – das Unternehmen als Schutzsystem, nicht nur als Produktionsstätte.

 

Merksatz:

Zwischen Werkbank und Vorschrift entsteht der erste echte Sicherheitskreislauf – prüfen, dokumentieren, nachbessern, freigeben. Genau dieser Rhythmus trägt moderne BetrSichV- und ArbSchG-Logik.

Praxis-Transfer: Was das bis heute konkret bedeutet

  • Verantwortlichkeiten sind benannt: Unternehmer delegiert Aufgaben, behält aber die Gesamtverantwortung.

  • ASA als Routine: Quartalsrhythmus mit Agenda, Maßnahmenliste, Verantwortlichen, Terminen und Wirksamkeitskontrolle.

  • Schnittstellen funktionieren: Sifa – Betriebsarzt – Führungskräfte – gemeinsame Begehungen, abgestimmte Unterweisungspläne, einheitliche Dokumentation.

  • Schutzziele statt Detailkleingedrucktes: Betriebe wählen wirksame Lösungen, solange die Ziele sicher erreicht werden.

  • Kontinuierliche Verbesserung: Ereignisse, Beinahe-Ereignisse und Messwerte fließen in den nächsten ASA-Zyklus.

 

EU-Ära & Modernisierung: Vom Vorschriftenkatalog zum System

Mit der EU-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG (1989) beginnt der Paradigmenwechsel: Weg von detailreichen Einzelvorschriften, hin zu einem präventionsorientierten Managementansatz. Kernelemente sind die Pflicht des Arbeitgebers zur Gefährdungsbeurteilung, geeignete präventive Maßnahmen, Sicherheitsunterweisung/Beteiligung der Beschäftigten sowie die Verhältnismäßigkeit der Anforderungen – abgestimmt auf Größe, Tätigkeit und Risiko des Unternehmens.

Deutschland verankert diesen Ansatz 1996 im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). § 5 verpflichtet Unternehmen, Gefährdungen systematisch zu ermitteln und zu bewerten, § 6 zur Dokumentation und zur Ableitung wirksamer Maßnahmen; flankierend regelt das Gesetz Pflichten, Rechte und die Grundlogik eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Seither wird Arbeitsschutz als Führungsaufgabe verstanden – vernetzt mit Verordnungen wie ArbStättV, BetrSichV, GefStoffV.

Um die Wirksamkeit in der Fläche zu erhöhen, bündeln Bund, Länder und Unfallversicherungsträger seit 2008 ihr Handeln in der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA): gemeinsame Ziele, abgestimmte Beratung und Überwachung, verständliche Regeln. Dieser Schulterschluss stärkt Prävention als gemeinsame Aufgabe – statt paralleler Einzelinitiativen.

Ein wichtiger Entwicklungsschritt ist 2013 die explizite Aufnahme psychischer Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung. Damit wird der ganzheitliche Anspruch des ArbSchG sichtbar: physische und psychische Faktoren gehören in eine GBU – nicht in getrennte Parallelprozesse. 

 

Seit 2000: Ganzheitliche Prävention

Mit den 2000er-Jahren rückt der Blick weg von einzelnen Maschinen hin zum System Betrieb – mit Organisation, Führung und Kultur als gleichwertigen Stellhebeln neben Technik. Das Ergebnis ist eine ganzheitliche Prävention, die physische und psychische Faktoren zusammenführt und Wirksamkeit messbar macht.

 

Psychische Belastungen fest im Prozess

Spätestens seit Anfang der 2010er Jahre ist klar: Arbeitsmenge, Takt, Unterbrechungen, Rolle/Führung und soziale Dynamiken gehören in eine Gefährdungsbeurteilung. Betriebe setzen dafür methodisch abgestimmt auf Tätigkeitsanalysen, strukturierte Teamgespräche, Beobachtungsinterviews oder validierte Fragebögen – nicht als „Extra-Projekt“, sondern integriert in den regulären ArbSchG-Prozess. Entscheidend ist die Konsequenz: Maßnahmen ableiten, umsetzen, Wirkung prüfen, nachsteuern.

 

Ergonomie und Demografie.

An Bildschirm und Werkbank gleichen Unternehmen Belastung und Leistungsfähigkeit aus: ergonomische Gestaltung (Höhen, Greifräume, Takt), alternsgerechte Arbeit, Pausen- und Schichtmodelle, Rotation. Ziel ist Fehler- und Ausfallprävention statt reiner Kompensation durch PSA.

 

Organisation & Managementsysteme

Viele Betriebe verankern Arbeitsschutz über klare Rollen (Unternehmer, Führungskraft, Sifa, Betriebsarzt, Sicherheitsbeauftragte) und Regelkommunikation (ASA, Teamrunden, Shopfloor-Boards). Kennzahlen verschieben sich von „verlorenen Tagen“ hin zu Leading Indicators: Begehungsquote, Abarbeitung von Maßnahmen, Qualität der Unterweisungen, Meldungen von Beinahe-Ereignissen, Wirksamkeitskontrollen. Der PDCA-Zyklus wird gelebter Standard.

 

Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) & Vision Zero

Bund, Länder und Unfallversicherungsträger setzen auf abgestimmte Ziele, Beratung und Überwachung. Parallel etabliert sich die Idee „Vision Zero“: Null Unfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen sind ein Führungsanspruch, kein statistischer Zufall. Praktisch heißt das: klare Verantwortung, konsequente Fehlerursachenanalyse, Lernen aus Abweichungen, robustes Änderungsmanagement.

 

Homeoffice, mobile Arbeit, Resilienz

Die Pandemie beschleunigt flexible Arbeit. Unternehmen adressieren jetzt systematisch Themen wie Ergonomie zu Hause, Erreichbarkeitsregeln, Informationssicherheit, Alleinarbeit, Notfallkommunikation und psychologische Sicherheit im Team. Unterweisungen, ASA und Audits werden digital anschlussfähig; Gefährdungsbeurteilungen bilden hybride Tätigkeiten sauber ab.

 

Digitalisierung & Lieferketten.

Digitale Mängel- und Maßnahmenlisten, mobile Begehungen, Fotodokumentation, automatische Erinnerungen und Dashboards erhöhen Transparenz und Tempo. Gleichzeitig rücken Auftragnehmer- und Besucherprozesse in den Fokus: Freigaben, Unterweisungsnachweise, Zugangsregeln, Schnittstellenkoordination. Arbeitsschutz wird Teil von ESG und Kunden-Audits.

 

Aktuelle Treiber & Blick nach vorn

Der Arbeitsschutz der nächsten Jahre wird durch drei Kräfte geprägt: Technologie, Arbeitsorganisation und Regulatorik. Entscheidend ist, Risiken nicht nur zu managen, sondern vorausschauend zu gestalten – mit klaren Prozessen, belastbaren Kennzahlen und einer Kultur, die Lernen belohnt.

 

KI & Automatisierung

 Kollaborative Robotik, autonome Flurförderzeuge und KI-gestützte Assistenzsysteme verschieben Aufgabenprofile. In die Gefährdungsbeurteilung gehören jetzt auch Software- und Datenänderungen als Änderungsanlässe, Human-in-the-Loop-Konzepte, Fail-Safe/Not-Halt-Strategien, Zonenlogiken, Alarmschwellen und Qualifikationsanforderungen. Ziel: hohe Verfügbarkeit ohne Sicherheitskompromisse.

 

Mensch–Technik–Interaktion

 Gute Sicherheit entsteht an der Schnittstelle: ergonomische HMI, verständliche Warnungen, geringe Alarmflut, eindeutige Zustände. Digitaler Stress (Unterbrechungen, Mehrfachaufgaben) ist als kognitive Belastung zu bewerten – inklusive Gestaltung von Displayarbeitsplätzen, Wearables und Assistenzsystemen.

 

Neue Arbeitsformen

Hybride Teams, mobile Arbeit und flexible Flächen erfordern klare Regeln: Erreichbarkeit, Arbeitszeitdokumentation, Gefährdungsbeurteilung für nicht stationäre Tätigkeiten, digitale Unterweisungen mit Wirksamkeitscheck, Notfall- und Informationswege. Schnittstellen mit Fremdfirmen und Besuchern werden konsequent über Freigaben, Unterweisungsnachweise und Zutrittsregeln gesteuert.

 

Lieferketten & ESG

 Arbeitsschutz wird auditierbar: Kennzahlen, Nachweise, Maßnahmenstatus und Fremdfirmenmanagement fließen in Kunden- und ESG-Berichte ein. Wer präzise dokumentiert (von der GBU bis zur Wirksamkeitskontrolle), sichert Compliance – und Wettbewerbsfähigkeit.

 

Diversität & Demografie

 Unterschiedliche Körpermaße, Sprachen, Erfahrungen und Altersgruppen erfordern passende PSA, barrierearme Verkehrswege, alternsgerechte Arbeit, verständliche Betriebsanweisungen und belastbare Einarbeitung. Wissenstransfer und Rückkehrmanagement nach Erkrankungen stärken die Organisation.

 

Fazit

Zukunftsfähige Prävention heißt Resilienz: Technik robust auslegen, Organisation lernfähig machen, Kompetenzen gezielt entwickeln – und Erfolg mit Leading Indicators sichtbar machen.

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